Die ultimative Zusammenfassung von 5 stressig-schönen Tagen in Leipzig, mit Fotos von Stefan 'Q' Ehrlich (Demiurgon).
1. Tag Mittwoch, 19.03.03
Das Projekt Odyssee hatte geladen und STURM war gekommen. Die zahlreichen Auftritte auf einschlägigen Veranstaltungen hatten sich für die Berliner Initiative bezahlt bemacht. Ende des letzten Jahres lag den Organisatoren eine Einladung für die Leipziger Buchmesse vor. Da das Interesse bei den restlichen Autoren des PrO auch relativ groß war, wurde man sich schnell darüber einig, nach Leipzig zu fahren. STURM mit fast heimatlicher Anbindung an Leipzig mußte natürlich schon wegen des Lokalpatriotismus mit von der Party sein.
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Am ersten Tag hieß es erst einmal, den Messestand aufzubauen. Wer das Gelände kennt weiß, daß man beim ersten Betreten durchaus beeindruckt sein kann (ein See zum durchlaufen) Unser Stand war in Halle 2, Gang M, Nummer 305 und erstaunlicherweise größer als die Stände von "Fantasy Productions" und "Feder und Schwert" (das sind die zwei größten deutschen Rollenspielverlage) zusammen. Im Handgepäck hatte ich die sagenumwobene (und schon auf vielen Hochzeiten benutzte) Lanze dabei, die sofort dekorativ angebracht wurde. Die nächste Überraschung war ein Verhau hinter unserem Stand, der sich bei jedem LARP als Geheimversteck nutzen ließe. Zur Bewachung hätte ein Bogenschütze genügt, da der Zugang nur mit Seitschritten und koordinierter Atmung passierbar war - also MW 6 auf Geschick und Helon chancenlos. Natürlich verschwanden augenblicklich Vorräte, Stühle, Tisch und Drucker hinter bzw über den Standwänden. Nur ein Bett ließ sich leider nicht auftreiben :). Ein weiterer Grund zur Buchmesse zu fahren, war der Rollenspielbereich vor unserem Stand. Über zwei Gangbreiten erstreckten sich Spieltische auf einem roten Teppich mit der Aufschrift "fantasy". Insgesamt gehören 5 dieser Tische zu uns und es werden daran jeden Tag 3 Runden a 2h angeboten werden. Ein kurzes Durchsehen der Planung läßt keine Entspannung erwarten - es sollen 8 STURM-Quests laufen. Das klingt nach Fließbandarbeit. Wenn grade mal keine Runde anstand, war ich zum Standdienst eingeteilt. Zur Erholung gab es dann abends das erste Treffen in der Leipziger Innenstadt. Im Irish Pub trafen sich die Organisatoren und die schon anwesenden Autoren um die ersten wahnwitzige Ideen auszuhecken. Davon später mehr.
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2. Tag Donnerstag, 20.03.03
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Der erste Messetag begann mit 10 Uhr Standdienst. Als ich kurz nach 9 Uhr an der Straßenbahn stand, traute ich meinen Augen nicht. Die erste Bahn fuhr vor und die Leute darin sahen aus wie Frösche, die man an eine Glasscheibe geworfen hatte. Mit flehenden Augenaufschlägen gaben sie zu erkennen, dass ein Öffnen der Tür ein sinnloses Unterfangen war. Zum Glück fahren die Bahnen während der Messe im 3 Minuten - Takt. Aber denkste - die nächsten Bahnen sahen genauso aus. Erst nach der 7. Tram bemerkte ich an einer Tür, dass die Insassen tiefer atmeten als andere und schloss daraus, daß dort noch Platz zum Reinquetschen war. Die folgenden 8 Stationen passierten wir ohne größere Tumulte auf der untersten Stufe mit flacher abwechselnder Atmung. So musste man sich also in der Tokioter U-Bahn oder im indischen Normalverkehr fühlen. Ich sach nur "Busunglück in Indien - 500 Tote".
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Unser Stand auf der Buchmesse in Leipzig (v.l.n.r. Nimer (Big Boss), Yvonne, Jörn, Gast1, meinereiner, Gast2, Gast3, Die Lanze) |
Der Menschenauflauf im Messegelände war genauso riesig. Es herrschte ein Gewimmel wie in einem Bienenstock. Am häufigsten sind an diesem Tag die "gibt's hier was umsonst?" und "kann ich das mitnehmen" - Frager. Diese gefräßige Unterspezies des gemeinen Beutelgermanen verlagerte seinen Aktionskreis nach dem ersten erfolglosen Tag zum Glück in andere Gefilde. Die ersten 2 Runden des Tages sind dann mit Schulklassen belegt, die sich vorher beim Pro angemeldet hatten. Da ich während des ersten Blockes Standdienst hatte, läuft die erste STURM-Quest zum zweiten Block. Bei mir spielen 6 Jungs die Traumfähre und schlagen sich trotz ihrer 14 jungen Jahre recht ordentlich. Zitat: "Da kommt irgendetwas großes, etwas seeehhhrrr großes. Ihr müßtet Euch jetzt entscheiden - wollt ihr fliehen (auch das wäre OK), wollt Ihr Euch selbst mit Schutzzaubern belegen oder vielleicht eine Falle bauen? Ihr könnte auch eine Kristallmauer versuche, da kommt keiner durch oder was auch immer gut klappt ist sich selbst unsichtbar zu machen. Also was wollt Ihr tun?" - "Angreifen!".
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Die Quest endete dann damit, daß ihr Weiser eine 11 auf Schwachstellen erkennen hatte und ich "Schwanzspitze ganz hinten, vier Finger breit" verkündete. Jede Runde ließ ich sie auf Widerstand gegen 5 würfeln. Wer weniger hatte wurde von dem großen Vieh umgepustet. Der Versuch des Katzenmenschens, mit einfachem Salto und dreifacher Schraube auf dem Rücken des Untiers zu landen klappte dann mit einer 14. Naja, das nächste mal kann das Untier Feuer speien ;). Ab 16 Uhr lichtete sich die Halle ganz beträchtlich. Ohne die Schulklassen, die für wenig oder gar kein Geld die Messe wochentags besuchen können verteilt sich das "normale" Publikum recht unauffällig in den Hallen. Zu Hause angekommen schlief 20 Uhr in voller Montour auf der Couch ein und wachte erste 0:30 wieder auf. Ein ganz schön stressiger Tag also.
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3. Tag Freitag, 21.03.03
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Wirklich witzig waren aber diejenigen, die es echt nicht kapiert haben, daß das nur ein Gag sein soll. Da hörte man dann Sachen wie "Da ist ein Trick dabei!" oder "Sie ziehen hier den Leuten das Geld aus der Tasche!" oder "*wisper* wir sind von der Schule aus hier, wir haben kein Geld dabei". Den Vogel schossen zwei Mädchen ab. Die eine holte ihr Geld raus und sagte "OK, ich probiers". Ihre Freundin meinte "lass, Du hast doch gar keine Siegchance!" (man beachte: sie hatte Recht, denn ich habe ja nix gesetzt! Sie konnte nur Ihr eigenes Geld wiederbekommen) "Na und, das ist halt Risiko" - Kopfschütteln bei Ihrer Freundin. Tja ich hab gewonnen. Die beiden zogen ab und liegen die 50 Cent liegen. Jetzt mußte ich aber rennen, um sie wieder einzukriegen. Sonst hätte ich mich ja wegen groben Unfugs strafbar gemacht. Als die Schulklassen wieder weg sind, haben wir zu tun, unsere Runden vollzukriegen. Also greifen wir zu einem kleinen, gemeinen Trick: die Tische mit blauer Tischdecke gehören uns! Wer sich dransetzt muß mitspielen! So fanden ich auch schnell Opfer für die nächste Quest. "Eigentlich wollten wir uns nur kurz ausruhen", "*Harhar*, zu spät, jetzt müsst Ihr mitspielen".
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Die unendlichen Weiten des Rollenspielbereiches mit unseren Spieltischen |
Abends gab es dann das zweite Treffen im Pub. Diesmal mit mehr Autoren und unseren Kollegen von den Nachbarständen des Rollenspielbereiches. 4. Tag Samstag, 22.03.03
Am Samstag war erstmals eine Entspannung der ÖPNV-Situation genießbar. Die Schulklassen waren fast ganz aus dem Messebild verschwunden. Der Trubel war an diesem Tag aber noch größer als sonst. Im Nachhinein vermeldete die Buchmesse auch einen Besucherrekord (10% mehr als im Vorjahr) und das obwohl andere Messen (Buchmesse Frankfurt, Hannovermesse) zur Zeit ziemlich stagnieren. Unser Rollenspielbereich hatte sich inzwischen rumgesprochen. Visitenkarten und Merkzettel gingen bedenklich schnell zur Neige und die Tische reichten nicht mehr aus. Die festgelegten Zeiten für die Schnupperspiele hatten keine Bedeutung mehr - gespielt wurde sobald ein Tisch frei war.
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Die 3 vom PrO-Stand Duisi in Verkleidung mit schwerkraftanfälliger Eule, Jörg mit Frau auf Flitterwochen in Leipzig(!), rechts am Rand: Onkel Günni (der Vater der STURM-Türe) war die ganze Zeit immer nur halb da! |
Um die leeren Bahnen auch richtig genießen zu können, fahre ich Mittags nochmal zurück in die Schopenhauer Straße, da ich sinnigerweise mein Bemmenpaket liegengelassen hatte. Der Samstag war echt der härteste Tag in Leipzig. Der erste Durchhänger macht sich bemerkbar. Man hat keine Lust mehr, zum tausendsden Mal die selben Sätze zu sagen, dieselben Fragen zu beantworten und zum 5. Mal dieselbe Quest zu spielen. Viel lieber würde ich jetzt in der Sächsischen Schweiz an einer moosigen Quacke hängen und mich ärgern, daß ich nicht zur Buchmesse nach Leipzig gefahren bin. Dann vergeht der Tag doch schneller als befürchtet. Zur Abwechslung spiele ich mal eine andere Quest - Dornenpfad mit einem Gamschen und einem Sphärenwesen mit Erdheiligkeit. Die armen Elemente mussten ziemlich oft ran ;). Kurz vor Feierabend wurden dann noch Eintrittskarten mit dem Titel "Comic-Dance-Party" verteilt. Der Titel versprach nichts gutes. Die Veranstaltung ist aber tatsächlich ziemlich schöner, da keine Dancemusik, sondern die schönsten Ferienlagerhits unserer bewegten Jugend *schnief* damals *schnief* gespielt werden. Dazu kaltes Büfett und Getränke für umsonst und ich Rindvieh hatte mir vorher noch Schnitten geschmiert!
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Wenn also jemand Lust hat nächstes Jahr mitzukommen - ich kann die Sache nur empfehlen! Mit Straßenbahnfreifahrten und Freibier hatte ich die 20€ für den Ausstellerausweis auf alle Fälle wieder rein ;). Dazu ist natürlich die Messe selber ein Erlebnis. Vor allem die tiefschürfenden Gespräche nach dem 3 Anstoßen. *sing* WE ARE FAMILY *hüstel* Wow, ich bin ein Autor, ich bin wichtig! *grins* Die Szene feiert sich selber und ich feier ausnahmsweise mal mit. 5. Tag Sonntag, 23.03.03
Einmal muß ja Schluß sein. Der gestrige Durchhänger war überwunden und nun hieß es wehmütig Abschied von der Messe zu nehmen, die selbst am letzten Tag nochmal richtig voll ist. Kein Vergleich zu Samstag, aber immer noch gut besucht (im Verlgeich zu anderen Messen übervoll). Mit 3 Runden haben ich dan diesem Tag meinen eigenen Rekord aufgestellt. Kaum hatte ich mich vom Tisch erhoben, standen schon wieder Leute mit flehenden Augen vor mir. Also noch eine Runde. Kaum ist diese Quest zu Ende - das gleiche Spiel: "Kannst Du noch eine Runde machen?". Das Ende vom Lied war, daß natürlich keine Zeit mehr blieb, um einmal eine Erkundungstour zu machen. Das heißt, ich muß nächstes Jahr wieder hin.
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Zum Abschluß noch ein paar schöne Geschichte vom Schwarzen Sofa: Was anfangs als Test geplant war - vor Publikum mit Mikrofon sich zum Hannes machen und auf Glastischen würfeln - entwickelte sich echt zu einem Publikumsmagnet mit 2 Runden pro Tag (mit immer derselben Grundstory). Zitate wie "Die folgende Handlung ist nicht geplant", "Ich sage, ähhh *aufZettelguck*, weiche, ähhh *aufZettelguck*, Unhold" oder "Was hast Du mit dem W20 gewürfelt?" - "Eine 5" - "Oh, das ist schon ganz gut!" gingen in die Geschichte der legendären Schwarze-Sofa-Runden ein. Viel Spaß hatten Spielleiter und Spieler mit den Freiwilligen aus dem Publikum. Sebastian hatte einmal eine Zofe als Begleiterin und der Zuschauer wurde das Gefühl nicht los, dass diese ihn boykottieren will. Nimer (Spielleiter) "Die Tür ist verschlossen" - Zofe "Da der Meisterdieb die Tür nicht aufbekommt, versuche ich es und es funktioniert. Ich lächle den Meisterdieb an und frage ihn, warum er es nicht geschafft hat". Und wenig später, als es um das Erklimmen eines Fenstersimses geht: "Ich biete dem Meisterdieb eine Räuberleiter an, aber da ich nur eine kleine schwächliche Zofe bin, kann ich ihn nicht halten und wir fallen aufeinander." - Nimer "OK, während ihr draussen aufeinander rumspringt stürmen der Prinz und sein Leibwächter in das Zimmer und sind sehr verwundert, daß sie nun alleine gegen die Gegner antreten müssen."
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Zum Schluß gabs noch ein Abschlußbild, das leider noch nicht im Netz steht. Nach fünf stressig schönen Tagen fiel mir die Entscheidung schwer, ob ich mich freuen oder traurig sein soll, daß es nun zu Ende ist. Als Bilanz bleiben 8 Spielrunden, 26 verteilte Regelwerksdisketten, unzählige Gespräche und viele neue Besucher der STURM-Bibliothek. Also alles in allem eine recht lohnenswerte Woche! Gruß und Dank an die Organisatoren vom
PrO, die mal wieder eine großartige Veranstaltung gestemmt
haben. Und viele Grüße auch an alle anderen Anwesenden, für
die mehr oder weniger sinnvollen Gespräche und eine geniale Zeit
auf der Leipziger Buchmesse 2003! |
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